Was Notenbankzinsen mit dem Goldpreis machen
Viele Faktoren wirken sich auf den Goldpreis aus, die wichtigsten sind: Zinsen, Inflation, US- Dollar, geopolitische Risiken und die Förderkosten. Doch wie genau und in welche Richtung wirken diese auf den Preis des beliebtesten Edelmetalls? Unsere fünfteilige Reihe geht den wichtigsten Einflussfaktoren auf den Grund. Zum Auftakt nehmen wir die Zinsen unter die Lupe.
Frankfurt am Main, 05. Februar 2024 – Die Zinspolitik der Notenbanken war in den
vergangenen zwei Jahren immer wieder eins der beherrschenden Themen an den
Anlagemärkten, also auch am Goldmarkt. Kein Wunder, denn an der Zinsentwicklung hängen
große Teile der Wirtschaft: Zinsen bestimmen über Finanzierungskosten und beeinflussen
damit wesentlich die Investitionen von Unternehmen und Haushalten. Außerdem entscheidet
die Zinshöhe über die Renditen verzinster Geldanlagen mit minimalem Verlustrisiko, etwa bei
Tages- und Festgeld, aber auch am Rentenmarkt. Der Zins, den Geldanlagen ohne Risiko
bieten, markiert dabei die Untergrenze dessen, was ein Investment oder das Verleihen von
Geld an Rendite bringen. Dabei gilt: Je höher das Risiko einer Geldanlage, umso höher die
Zinsrendite – und umgekehrt. Die Notenbanken setzen mit ihren Leitzinsen somit einen
Rahmen, der sich auf nahezu alle Akteure der Wirtschaft auswirkt.
Veränderungen der Zinssätze wirken damit unmittelbar auf die gesamte Wirtschaft. Mit
steigenden Zinsen verteuern sich Kredite und Sparer werden mit höheren Zinsrenditen
belohnt. Zinsen sind somit auch ein wesentlicher Einflussfaktor für den Goldpreis. Denn
Goldanleger haben beim Goldkauf vor allem zwei Aspekte im Blick: Sicherheit und Rendite.
Gold soll einerseits Stabilitätsanker im Vermögensportfolio sein und lockt mit der Garantie,
dass es nie wertlos werden kann und seine Kaufkraft behält. Andererseits wünschen sich
Anleger auch von Gold einen Ertrag und hoffen auf einen steigenden Goldpreis.
Wenn Zinsen steigen, fällt Gold – und umgekehrt
Steigen nun die Zinsen, werden sichere Festzinsanlagen für viele Anleger irgendwann attraktiver als das sichere, aber unverzinste Gold. In Zeiten hoher Zinsen können Anleger so ohne allzu großes Risiko eine sichere Rendite erzielen. Die Folge: Die Goldnachfrage sinkt, Bestände werden verkauft, der Goldpreis fällt. Die allgemeine Zinsentwicklung und die Entwicklung des Goldpreises verlaufen daher häufig entgegengesetzt. Das bedeutet, dass sinkende Zinsen Gold im Verhältnis zu Festzinsanlagen attraktiver machen, der Sicherheitsaspekt steht dann wieder zunehmend im Vordergrund. Das steigert die Goldnachfrage und gibt dem Edelmetallpreis Auftrieb.
Den Effekt steigender Zinsen auf den Goldpreis war während der Zinserhöhungsschritte der US-Notenbank Federal Reserve gut zu beobachten: Mit jeder Leitzinserhöhung stiegen auch die Renditen der US-Staatsanleihen – für jene mit zehn Jahren Laufzeit auf zeitweise mehr als fünf Prozent. Diese US-Treasuries gelten als wichtigster Stimmungsindikator am weltweiten Rentenmarkt, weil das amerikanische Staatspapier hochliquide ist und ein hervorragendes Bonitätsranking für den Schuldner USA bietet. Weil auch die Inflationsrate inzwischen gesunken ist, wurden Investments in sichere Staatsanleihen mit jeder Zinserhöhung für Anleger verlockender als das zinslose Gold. Die Folge: Der Goldpreis geriet zunehmend unter Druck und kam in dieser Zeit an sein Rekordhoch vom August 2020 nicht mehr heran. Dass er nicht weiter fiel, ist auch mit den geopolitischen Krisen – allen voran der Krieg in der Ukraine – und anderen Entwicklungen zu erklären.
Doch die negative Korrelation, also die entgegengesetzte Entwicklung von Zinsen und Goldpreis, ist kein Naturgesetz. Dazu ein Beispiel aus dem Mai 2023. Damals erhöhte die Fed ihren Leitzins bereits zum neunten Mal in Folge. Dennoch sprang der Goldpreis in den Tagen rund um die Zinsentscheidung wiederholt über die Marke von 2.000 Dollar. Dafür gab es im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen herrschte in dieser Zeit eine Regionalbankenkrise in den USA, die die Angst vor einer neuerlichen Finanzkrise wie nach 2008 schürte. Zum anderen hatte Fed-Chef Jerome Powell eine Pause der Zinserhöhungen angedeutet und so zumindest vorerst weitere Zinserhöhungen ausgeschlossen. Das hat den Goldpreis trotz Zinserhöhung beflügelt.
Auch bei Zinsen handelt die Börse die Zukunft
Auch bei der Leitzinsentscheidung der US-Notenbank im Dezember 2023 hüpfte der Goldpreis kräftig nach oben. Dabei hatte die US-Notenbank ihren Leitzins unverändert gelassen. Der Markt hatte eine Beibehaltung des Leitzinsniveaus jedoch schon eingepreist und wettete bereits auf erste Zinssenkungen im kommenden Jahr. Tatsächlich kündigte die Fed Zinssenkungen für 2024 an. Das drückte unmittelbar die Renditen von US-Staatsanleihen. Damit wurde Gold im Verhältnis zu Rentenpapieren wieder attraktiver und konnte im Preis zulegen.
Die Beispiele zeigen, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird und Prognosen eine große Rolle spielen. Das gilt auch für den Goldpreis und seine Einflussfaktoren wie eben die Zinsen. Das bedeutet zugleich, dass die Betrachtung der Zinsen nicht ausreicht, um auf die Goldpreisentwicklung zu schließen. Die anderen wesentlichen Einflussfaktoren sind immer mitzuberücksichtigen, wenn man zu halbwegs realistischen Prognosen kommen möchte.
Nicht zuletzt haben die Zinsentscheidungen der Notenbank auch erheblichen Einfluss auf die Inflation und den Dollar-Wechselkurs, die ihrerseits den Goldpreis beeinflussen. Mit diesen und weiteren Goldpreiseinflüssen befassen wir uns in den nächsten Folgen dieser Serie.
Serie: Die wichtigsten Goldpreisfaktoren und wie sie wirken