Die Corona-Pandemie hat auch bei den Edelmetallen deutliche Spuren hinterlassen. Anders als Gold dürfte Silber aber wesentlich stärker von der Erholung der Weltwirtschaft profitieren. Es gibt aber auch einen weiteren Faktor, den Anleger nicht unterschätzen sollten.
Viel Freude hatten Edelmetall-Anleger seit Jahresbeginn nicht mit Gold und Silber. Beide Edelmetalle notierten ausgehend vom Jahreswechsel bereits um mehr als zehn Prozent im Minus. Erst seit Ende März wächst wieder das Interesse der Investoren. Ein Detail lässt dabei aufhorchen: Während Gold ausgehend vom Jahrestief um rund 13 Prozent zulegte, steht Silber knapp 20 Prozent höher. Auch wenn die relative Stärke noch frisch ist, könnte sich die erhöhte Schwungkraft als Vorbote einer anhaltenden Outperformance von Silber erweisen.
Besonders die physikalischen Eigenschaften sorgen dafür, dass der Edelmetall-Status in starken Wachstumsphasen eher in den Hintergrund rückt und Silber stärker als verkapptes Industriemetall wahrgenommen wird. So ist es weich und daher gut formbar, bietet die höchste elektrische Leitfähigkeit aller Elemente und die höchste thermische Leitfähigkeit aller Metalle. Während bei Gold rund zehn Prozent einer industriellen Verwendung zugeführt werden, sind es bei Silber 50 bis 60 Prozent.
Silber von grüner Energiewirtschaft nachgefragt
Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften profitiert Silber vor allem vom Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der E-Mobilität und damit von stark wachsenden und zugleich von der Politik geförderten Branchen. In einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor liegt der Silberanteil nur bei rund 0,5 bis 0,9 Unzen, bei reinen Elektrofahrzeugen sind es hingegen bis zu drei Unzen, wie eine Schätzung des Silver Institute zeigt. Prognosen zufolge benötigt die Autoindustrie im Jahr 2025 etwa 88 Millionen Unzen Silber. Noch höher dürfte die Nachfrage aus der Fotovoltaik-Industrie ausfallen. Als unverzichtbarer Bestandteil in Solarpanelen kommt Silber eine Schlüsselrolle zu. Der jährliche Bedarf wird bereits in diesem Jahr bei rund 98 Millionen Unzen gesehen. In den kommenden Jahren dürfte der Anteil der regenerativen Energien aufgrund massiver staatlicher Förderungen weiter zulegen.
Eingeschränktes Silberangebot
Neben der zu erwartenden anziehenden Nachfrage spricht auch die Angebotsseite für steigende Kurse. Im vergangenen Jahr führte die pandemiebedingte Schließung von Minen zu einem Rückgang der weltweiten Silber-Förderung um sechs Prozent auf 780 Millionen Unzen. Die geringste Fördermenge seit 2011 wirkt sich auch in diesem Jahr noch aus, das Silberangebot kann den zu erwartenden Nachfragesteigerungen kaum folgen. Auch wenn Unternehmen wie der weltweit größte Silberproduzent Fresnillo in den nächsten zwei bis drei Jahren die Förderung erhöhen will, sehen einige Analysten bei Silber sogar ein Marktdefizit.
Dazu passt die spannende Ausgangslage im Chart. Mit Kursen um 28 Dollar steht die Feinunze dicht unter einer Zone, die sich seit knapp zwölf Monaten als zu hohe Hürde erweist. Da zuletzt Rücksetzer immer früher gekauft wurden, steigen die Chancen für einen Ausbruch auf der Oberseite. Springt der Kurs über 30 Dollar, wäre zumindest aus technischer Sicht der Weg frei bis zu den Hochs aus 2012 bei rund 36 Dollar. Von fundamentaler Seite passen die Voraussetzungen, sofern die Pandemie weiter an Schrecken verliert und die Weltkonjunktur weiter an Fahrt aufnimmt.
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