Marktreport Erstellt am  30. April 2020
Platin: Attraktives Einstiegsniveau?
Auch bei den Edelmetallpreisen haben die Auswirkungen der Corona-Krise deutliche Spuren hinterlassen. Platin wird vor allem in der Abgasreinigung von Dieselmotoren eingesetzt und ist damit eng in den Wirtschaftskreislauf eingebunden. Nicht nur für Anleger ist der deutliche Preisabschlag gegenüber Palladium interessant, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt.
Zumindest rein optisch ist es durchaus eine Herausforderung, Silber, Platin und Palladium zu unterscheiden. Wesentlich größer fallen die Unterschiede da schon beim Preis aus. Silber wechselt derzeit für rund 15 Dollar je Unze den Besitzer, für Platin werden mehr als 760 Dollar verlangt und Palladium steht sogar bei mehr als 1.800 Dollar.

Gerade das Verhältnis zwischen Palladium und Platin hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Platin setzte ausgehend von 400 Dollar ab 2002 zu einer Rally bis auf gut 2.000 Dollar an. Anschließend drehte der Preis langsam nach unten, während Palladium an Dynamik gewann. Ende 2018 kostete Palladium erstmals seit vielen Jahren wieder mehr als Platin. Während Palladium meist in Fahrzeugen mit Benzinmotor eingesetzt wird, kommt Platin verstärkt bei Dieselfahrzeugen zum Einsatz. Seit dem Dieselskandal ist die Nachfrage nach den Selbstzünder-Motoren kräftig gesunken. In Deutschland sackte der Anteil der Dieselfahrzeuge am Gesamtabsatz von 2016 bis 2018 um rund 28 Prozent ab, während der Verkauf von Benziner-Pkws um gut 20 Prozent zulegte.
Hersteller bleiben vorsichtig
Der Preisaufschlag von Palladium gegenüber Platin liegt derzeit bei satten 1.060 Dollar und könnte auf den ersten Blick ein Umdenken in der Autoindustrie auslösen. Beide Industriemetalle haben grundsätzlich ähnliche chemische Eigenschaften. Wie bereits vor rund zehn Jahren könnten Katalysatoren-Hersteller nicht mehr bereit sein, den hohen Preisaufschlag von Palladium gegenüber Platin zu bezahlen. Allerdings ist hier nicht nur bei Anlegern vor allem Weitblick gefragt. Änderungen im Produktionsprozess und somit Investitionen sind teuer und gerade in der aktuell sehr unsicheren Wirtschaftslage ein erhebliches Risiko, das kaum ein Hersteller zunächst eingehen wird.
Nachfrage bricht weg
Im April sackte der Fahrzeugabsatz in Westeuropa mit 80 Prozent so kräftig ab wie nie zuvor. Mit Blick auf den Gesamtjahresabsatz droht nach Schätzungen von LMC Automotive ein herber Rückgang von gut 26 Prozent auf lediglich 10,5 Millionen Fahrzeuge. In einigen Regionen zeichnet sich schon jetzt das schlechteste Geschäftsjahr seit 28 Jahren ab. Prognosen zufolge wird die Nachfrage nach Abgaskatalysatoren das geringste Niveau seit mehr als 20 Jahren erreichen. Da die Automobilindustrie Westeuropas mit eine Millionen Unzen der größte Verbraucher von Platin ist, bleibt somit auch der Überschuss am Platinmarkt bestehen. Mittelfristig dämpfen weitere Einflussfaktoren die Fantasie. Hybridfahrzeuge werden überwiegend von Benzinmotoren angetrieben und gewinnen spürbar an Beliebtheit. Und auch der Siegeszug der Elektroautos ist nicht mehr aufzuhalten, wobei die Verkaufszahlen von Verbrennungsmotoren und somit der Einsatz von Platin und Palladium in der Abgasreinigung wohl erst in einige Jahren signifikant betroffen sein wird.

Zudem sieht es auch in der Schmuckindustrie nicht besser aus. Bereits im vergangenen Jahr sank in China erstmals seit 2007 die Nachfrage nach Platinschmuck unter eine Millionen Unzen. Weltweit dürfte die schlechte Verbraucherstimmung wegen der Corona-Krise den Trend sogar beschleunigen. Eine schnelle Aufholjagd von Platin gegenüber Palladium sollten Anleger daher nicht erwarten, der Preis wird sich wahrscheinlich unterhalb von 1.000 Dollar einpendeln.
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