Nach deutlichen Verlusten zeigten Platin und Palladium zuletzt eine Erholung. Doch gerade bei
Palladium dürfte es sich wohl nur um ein Strohfeuer handeln. Vor allem die Transformation in der Autoindustrie lässt mittelfristig kaum Fantasie aufkommen.
Die Rechnung ist recht einfach:
Brummt die Konjunktur und steigen die Löhne, läuft auch das Automobilgeschäft gut. Entsprechend zieht die Nachfrage nach Palladium an, das Edelmetall ist ein unverzichtbarer Industrierohstoff in Katalysatoren. In der EU wurden im Juni insgesamt rund eine Million Autos neu zugelassen. Mit einem Anstieg von knapp 18 Prozent war dies der elfte Monat in Serie mit einem Verkaufsplus. Auch wenn sich die Automobilindustrie von den durch die Corona-Krise ausgelösten Lieferunterbrechungen erholt, bleibt die Nachfrage dennoch verhalten. Dieses Jahr gab es rund ein Fünftel weniger Neuzulassungen als im ersten Halbjahr 2019 und somit in der Vor-Corona-Zeit. Zudem wurden in der Europäischen Union erstmals mehr Elektrofahrzeuge zugelassen als Dieselautos, wie der europäische Herstellerverband Acea mitteilte.
E-Autonachfrage steigt
Prognosen zufolge dürfte dieses Jahr die Palladiumnachfrage für Autokatalysatoren mit 1,1 Millionen Unzen aber um knapp 600.000 Unzen geringer ausfallen als 2019. Ein wesentlicher Grund dafür ist der stetig wachsende Marktanteil von Elektrofahrzeugen. In der Europäischen Union liegt deren Marktanteil inzwischen bei gut 15 Prozent. Für Palladium sind dies mittel- bis langfristig gesehen keine guten Nachrichten, denn anders als Verbrennungsmotoren benötigen Elektrofahrzeuge keine Katalysatoren. Vor allem China treibt die Transformation in der Automobilindustrie mit massiven finanziellen Anreizen voran. Kürzlich hat Peking rund 72 Mrd. Dollar bewilligt, um die eigentlich für dieses Jahr endenden Steuervergünstigungen für elektrisch betriebene Fahrzeuge bis 2027 zu verlängern. Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen erwarten, dass die Nachfrage nach Elektroautos bis zur Kürzung der Leistungen kräftig anspringen wird und somit deren Marktanteil weiter stark steigen dürfte.
China schwächelt
Zusätzlich belasten Sorgen vor einer drohenden Konjunkturabkühlung im kommenden Jahr. Schon
jetzt fällt das Wirtschaftswachstum in den großen Industrienationen überwiegend enttäuschend aus.
Chinas Exporte und Importe sind im Juni erneut eingebrochen, die Frühindikatoren zeigen abwärts.
Sollte auch der bisher vor allem in den USA noch sehr starke Arbeitsmarkt nachgeben, dürfte die Autonachfrage zügig erste Bremsspuren zeigen. Auf der anderen Seite kamen zuletzt immer wieder Gerüchte auf, dass die Palladiumproduzenten in Südafrika ihre Produktion wieder hochfahren, um die Einnahmeverluste aufgrund des tiefen Preisniveaus durch höhere Mengen zu kompensieren. Lediglich die anhaltend unsichere Lage wegen der Stromversorgung kann derzeit als stützender Faktor angeführt werden.
Somit dürfte sich auch die jüngste Erholung in Richtung der ersten Barriere um 1340 Dollar nur als Strohfeuer erweisen. Die seit Monaten intakte Serie von fallenden Hoch- und Tiefpunkten sowie die
Tatsache, dass Palladium seit Oktober 2022 durchweg unter der abwärts weisenden 200-Tage-Linie läuft und nach Erholungen jeweils immer verkauft wird sprechen für einen anhaltenden Preisrückgang in Richtung 1000 Dollar. Somit dürfte auch der Preisaufschlag gegenüber Platin von derzeit noch rund 300 Dollar weiter abnehmen.