Für Platin-Anleger war 2023 ein sehr durchwachsenes Jahr
Vor allem die unerwartet lange Zinserhöhungspolitik der US-Notenbank Fed lastete auf dem silberweißen Edelmetall, das in rund 30-fach geringerer Menge auf der Erde vorhanden ist als Gold. Dennoch wird Platin weitaus günstiger gehandelt als das gelbe Edelmetall. Die Preisdifferenz zu Gold liegt inzwischen bei 1.100 Dollar – und ist damit so groß wie nie.
Die Preisschwäche erscheint nicht nur auf den ersten Blick ungewöhnlich, schließlich weist der Platinmarkt für 2023 – einer Prognose des World Platinum Investment Council (WPIC) zufolge – ein Angebotsdefizit von stattlichen 1,07 Millionen Unzen auf. Wie solch eine große Lücke zustande kommt? Indem die Nachfrage größer ist als das Angebot. Konkret: Laut WPIC ist die Platinnachfrage um 26 Prozent gestiegen, während das Angebot um geschätzte 2,5 Prozent zurückging und damit rund neun Prozent unter dem durchschnittlichen Niveau seit 2013 lag.
Kräftig zugelangt hat vor allem die Automobilindustrie: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Bedarf der Automobilbranche um etwa 395.000 Unzen. Auch die Investmentnachfrage zog kräftig an – von minus 640.000 Unzen im Jahr 2022 auf plus 385.000 Unzen. Die Folge: Das Marktdefizit, das sich für das vergangene Jahr abzeichnet, hat ein Rekordniveau erreicht. Auch für das laufende Jahr prognostiziert das WPIC eine Unterversorgung des Platinmarktes – und zwar in Höhe von 353.000 Unzen.
Weitere Marktverengung im neuen Jahr zu erwarten
„Die industrielle Nachfrage ist vielschichtig“, schreiben die WPIC-Experten. „Während es Segmente gibt, die wie beispielsweise der Elektroniksektor durch eine Konjunkturabschwächung gefährdet sind, erscheinen die meisten anderen Sektoren gut unterstützt“. Dabei dürfte die Automobilindustrie erneut zu den größten Nachfragern zählen. Der Grund: Platin wird zur Abgasreinigung in Katalysatoren benötigt, wo es zur Reduzierung der Stickoxid- und Kohlenmonoxid-Emissionen beiträgt. Allein dafür werden etwa 40 Prozent des weltweit geförderten Platins verwendet.
Da die Abgasnormen für die Autobauer zunehmend strenger werden, dürfte damit einhergehend auch der Platin-Bedarf steigen. Zudem können die Automobilproduzenten immer weniger auf Lagerbestände zurückgreifen, die während der Jahre der Coronakrise aufgebaut wurden.
Zusätzliches Potenzial dank Wasserstoff
Darüber hinaus spielt Platin eine wichtige Rolle bei der globalen Energiewende. Denn das chemische Element mit dem Elementsymbol Pt und der Ordnungszahl 78 wird in sogenannten Elektrolyseuren benötigt, mit denen grüner Wasserstoff produziert wird. „Derzeit liegt die Attraktivität von Platininvestitionen in seinem beträchtlichen Marktdefizit, zukünftig werden die Anleger aber auch von einem wasserstoffbedingten Nachfrageanstieg profitieren können“, zeigt sich auch WPIC-Chef Trevor Raymond zuversichtlich.
Angebotsengpass dürfe den Platinkurs zusätzlich stützen
Auf der anderen Seite lauern Angebotsrisiken. Nicht nur, aber auch aufgrund der immer wiederkehrenden Engpässe bei der Stromversorgung in Südafrika – also das Land, das mit einem Weltmarktanteil von 70 Prozent wichtigster Platin-Produzent ist. Um Kosten zu sparen, haben Bergbauunternehmen wie Sibanye Stillwater im Dezember damit begonnen, unrentabel gewordene Schächte zu schließen. Da auch andere Minenbetreiber ihre Investitionen in die Erschließung neuer Platin-Vorkommen zurückfahren, könnte das Angebotsdefizit zusätzlich verschärft werden.
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass der Platinkurs 2024 und – aufgrund des auch mittelfristig wohl unterversorgten Marktes – darüber hinaus noch Luft nach oben haben könnte. Zumal zuletzt auch Anleger das Edelmetall wieder für sich entdeckt haben. Der Absatz von Barren und Münzen zieht ebenso an wie die Zuflüsse in physisch hinterlegte börsengehandelte Investmentprodukte.