Marktreport Erstellt am  13. Juni 2024
Gold unterbricht die Rekordjagd
Wie geht es jetzt weiter?
In der vergangenen Woche war der Goldpreis auf dem besten Weg zu einer neuen historischen Bestmarke. Das Allzeithoch von rund 2.450 Dollar je Unze vom 20. Mai schien greifbar nahe. Doch es kam anders – und zwar zu einem Rücksetzer. Und der beförderte das Edelmetall kurzzeitig unter die 2.300-Dollar-Marke.

Aber: Trotz der jüngsten Verschnaufpause fällt die Wertentwicklung im bisherigen Jahresverlauf mit einem Plus von rund 13 Prozent überaus positiv aus. Und: Welche Richtung Gold künftig einschlagen wird, dürfte nicht nur, aber auch von der Geldpolitik der großen Notenbanken bestimmt werden. Die Europäische Zentralbank hat die Zinswende eingeleitet und nahm zuletzt erstmals seit fünf Jahren ihren Schlüsselzins auf 4,25 % zurück. Anders sieht es in den USA aus. Dort wollten die Hüter des Dollars ursprünglich bereits im März damit beginnen, den Leitzins wieder zu senken, den sie in den zurückliegenden zwei Jahren auf die Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent angehoben hatten.
China setzt Käufe im Mai aus
Doch die zu starke Konjunktur bei einer nach wie vor zu hohen Inflation machte die Hoffnungen der Investoren allerdings zunichte. Die größte Volkswirtschaft der Welt schaffte im Mai 272.000 neue Stellen. Ökonomen hatten lediglich mit einem Plus von 190.000 gerechnet. Auch das Lohnwachstum als wichtiger Indikator für die künftige Teuerung zog erstmals seit einem Jahr wieder an und lag im Vergleich zum Vorjahr bei 4,1 Prozent. Als hartnäckig erweist sich weiterhin die vielbeachtete Kerninflation, die die schwankungsintensiven Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert: Mit 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr ging sie im Mai zwar leicht zurück, lag aber weiterhin deutlich über dem Notenbank-Zielwert von zwei Prozent.

Angesichts dieser Gemengelage gehen die Märkte nun davon aus, dass die Fed die Zinsen erst im November, genau zwei Tage nach der US-Präsidentschaftswahl, anheben könnte. Laut FedWatch Tool der Chicagoer Terminbörse CME ist die Wahrscheinlichkeit, dass die US- Leitzinsen nach dem September-Zinsentscheid unverändert in der heutigen Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent liegen werden, leicht auf aktuell 49,2 Prozent gesunken. Bis zum Jahresende erscheint nur eine Zinssenkung um 25 Basispunkte als wahrscheinlich. Belastend für den Goldpreis wirkte zudem die Nachricht, dass die chinesische Zentralbank im Mai erstmals seit 18 Monaten kein Gold mehr kaufte. Chinas Goldreserven stagnierten im Mai bei 72,80 Millionen Feinunzen oder umgerechnet 2.264,3 Tonnen. Im April hatte die People’s Bank of China noch 60.000 Unzen am Markt zugekauft, im März waren es 160.000 Unzen und im Februar 390.000 Unzen gewesen. Gut möglich, dass vor allem der hohe Goldpreis die Kauflaune kurzfristig ein wenig belastet hat, der langfristige Nachfragetrend aber weiterhin intakt ist.
Nachfrageüberhang zeichnet sich ab
Dafür sprechen auch die jüngsten Daten des World Gold Council. Danach beliefen sich die Netto-Käufe der Zentralbanken im April auf etwa 33 Tonnen. Sie erreichten damit in etwa wieder das Niveau von Januar und Februar – was mit Blick auf den seither deutlich gestiegenen Goldpreis bemerkenswert ist. Acht Zentralbanken kauften im April weiter zu, angeführt von der türkischen Notenbank, die ihre Reserven um weitere acht Tonnen erhöhte. Nennenswerte Käufe gab es auch von den Zentralbanken Indiens, Polens und Kasachstans. Das tatsächliche Kaufinteresse der internationalen Währungshüter dürfte noch deutlich höher sein als gemeldet, weil seit zwei Jahren ein großer Teil der Goldkäufe des offiziellen Sektors auf Käufe entfällt, die nicht dem World Gold Council mitgeteilt werden.

Zwischen 2021 hat sich die Goldnachfrage der Notenbanken von elf Prozent auf 23 Prozent mehr als verdoppelt. Dieser Trend setzte sich im ersten Quartal dieses Jahres fort. Da die Minenproduktion und das Recycling von Gold in den letzten Jahren gleichzeitig konstant geblieben sind, zeichnet sich eine größere Angebotslücke ab, die sich in steigenden Notierungen niederschlagen könnte. Dazu trägt auch die zuletzt wieder höhere Investmentnachfrage bei: So berichtete der World Gold Council für Mai den ersten weltweiten monatlichen Anstieg der mit physischem Gold hinterlegten ETF-Bestände seit einem Jahr. In Deutschland hatten die Gold-Fonds bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Mittelzuflüsse verzeichnet.

Kurzum: Gold wirkte zuletzt ein wenig angeschlagen, mehr aber auch nicht.

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