Die Stimmung liegt bei Gold nahezu am Boden, vor allem ETFs auf das Edelmetall verzeichneten massive Abflüsse. Gerade für antizyklisch agierende Anleger eröffnen sich aber Chancen, sofern die Notenbanken mitziehen.
Nicht nur am Aktienmarkt brauchten Anleger dieses Jahr gute Nerven, auch Gold als vermeintlich sicherer Hafen in turbulenten Zeiten stand zweitweise kräftig im Minus. Als klassischer Inflationsschutz hat sich das begehrte Edelmetall nicht wirklich bewährt. Nur dank einer starken Erholung in den vergangenen Wochen steht die Feinunze ungefähr wieder auf dem Niveau von vor zwölf Monaten.
Allerdings kann man die Entwicklung auch positiver sehen. Immerhin stehen beliebte Indizes wie der Nasdaq 100 seit dem Jahreswechsel mit rund 25 Prozent im Minus, beim breiten US-Aktienmarkt sind es 16 Prozent und der Bitcoin, zeitweise sogar als Gold-Ersatz gehandelt, büßte um 60 Prozent ein. Vor diesem Hintergrund hat sich Gold somit recht gut gehalten.
Hoffen auf die Notenbanken
Um die Perspektiven für 2023 einzuschätzen, ist ein Blick in den Rückspiegel hilfreich. Getrieben von hohen Inflationsraten, die ein 40-Jahres-Hoch erreichten, vollzogen die Notenbanken eine Richtungsumkehr ihrer Geldpolitik. Höhere Realzinsen belasteten den Goldpreis, da Anleger bei Gold anders als mit Anleihen und Aktien keine Zinsen oder Dividenden erhalten. Mit den steigenden US-Zinsen wertete zugleich der Dollar auf, was sich ebenfalls negativ auf die Feinunze auswirkte.
Inzwischen dürfte aber nicht nur in den USA der Inflationsgipfel hinter uns liegen. Auch in den kommenden Monaten sollte der Druck weiter nachlassen. Vor allem der Basiseffekt und somit der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ist nicht zu unterschätzen. Anfang 2022 gab es die höchsten Monat-zu-Vormonat-Inflationsanstiege der vergangenen Jahrzehnte. Verliert der Preisauftrieb weiter an Dynamik, hat zugleich die US-Notenbank mehr Spielraum, nur noch kleinere Zinsschritte vorzunehmen. In der zweiten Jahreshälfte 2023 könnten sogar erste Zinssenkungen erfolgen, wenn die Teuerung weiter nachlässt.
Gold-Umfeld bessert sich
Zudem können die Währungshüter eine straffe Geldpolitik kaum noch rechtfertigen, wenn sich in der Wirtschaft immer klarer die Bremsspuren aufgrund der scharfen Zinserhöhungen zeigen. Infolgedessen wäre auch mit fallenden Anleiherenditen sowie einer Dollar-Abwertung zu rechnen. Im Idealszenario könnte sich das Umfeld für Gold im kommenden Jahr also grundlegend verbessern und neue Investoren anlocken. Zwar war die Nachfrage nach Barren und Münzen auch 2022 robust. Börsengehandelte Gold-ETFs verzeichneten aber große Abflüsse und drückten so den Preis. Ändern sich die Perspektiven für die Feinunze, dürfte auch die ETF-Nachfrage anspringen und Positionen in den Depots wieder aufgebaut werden.
Aus technischer Sicht sollten hingegen die Erwartungen nicht zu hoch angesetzt werden. Im übergeordneten Bild pendelt Gold seit Frühjahr 2020 in einer breiten Spanne zwischen 1600/1680 USD auf der Unterseite und 2000/2080 USD Richtung Norden. Vorgelagert verlaufen kleinere Wendebereiche um 1730 und 1880/1900 USD. Die Grenzen dürften vorerst das Potenzial limitieren, ein Ausbruch auf der Oberseite wird auch von Analysten eher nicht erwartet. Je näher die 2000er-Region rückt, desto schlechter wird hingegen aus taktischer Sicht das Chance-Risiko-Verhältnis. Rückschläge sollten sich daher als gute Kaufgelegenheiten erweisen. Dabei gilt es aber, immer die fundamentalen Rahmenbedingungen im Blick zu behalten.
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