Ein Rekordhoch jagt das nächste. Ganze 15-mal ist der Goldpreis seit Anfang März auf ein neues Allzeithoch gestiegen, das nun bei rund 2.431 Dollar je Feinunze liegt. In den vergangenen Tagen legte der Kurs des Edelmetalls jedoch eine Atempause ein. Belastend wirkten zuletzt vor allem die gestiegenen Renditen der US-Staatsanleihen. Grund des Renditeanstiegs: In den USA verschiebt sich die Zinswende immer weiter nach hinten – und dies vor allem aufgrund der recht robusten US-Inflation.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Leitzinsen im September niedriger als in der aktuellen Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent liegen, ist in dieser Woche von 66,6 auf 60,5 Prozent gesunken. Zugleich halten es die Märkte für unwahrscheinlicher, dass es bis zum Jahresende noch zu einer zweiten Zinssenkung der US-Notenbank um weitere 25 Basispunkte kommen wird. In der Folge stieg die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe auf bis zu 4,7 Prozent, nachdem sie Anfang April noch bei 4,2 Prozent lag. Es gibt also zumindest einen guten Grund, weshalb der Goldpreis zuletzt ein wenig unter Druck geraten ist.
EZB hält an baldiger Zinssenkung fest
Wer nun aber eine nachhaltige Korrektur des Goldpreises erwartet, dürfte sich irren. An der grundsätzlichen Gemengelage aus geopolitischen Spannungen, mittelfristig fallenden Zinsen und weiteren Käufen der internationalen Notenbanken hat sich nämlich nicht allzu viel geändert. Überhaupt schlug sich Gold angesichts der beispiellosen Zinserhöhungen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank sehr tapfer. Es hat nicht mit einem deutlichen Preisrückgang reagiert, obwohl die Opportunitätskosten der Goldhaltung erheblich gestiegen sind.
Im Umkehrschluss dürften die Notierungen positiv reagieren, wenn sich die Zinswende in den USA konkret abzeichnet. Die EZB ist bereits einen Schritt weiter. „Wenn es keine Überraschungen gibt, brauchen wir nicht mehr lange zu warten“, bekräftigte Frankreichs Notenbank-Chef Francois Villeroy de Galhau erst kürzlich in einem Interview. Darauf sollten weitere Zinssenkungen folgen, kündigte das EZB-Ratsmitglied rat.
Hohe ETF-Nachfrage
Gut möglich, dass die europäischen ETF-Investoren dann noch aktiver werden. Per 24. April nahmen die Bestände des größten Gold-ETFs (SPDR Gold Shares) bereits um 6,04 Tonnen auf 833,63 Tonnen zu. Auch in den USA und in Asien gab es Zuflüsse, insbesondere chinesische Gold-ETFs verzeichneten zuletzt bereits den vierten Monat in Folge eine steigende Nachfrage. Noch auffälliger waren die Goldimporte der Volksrepublik, die sich in den vergangenen zwei Jahren Angaben von Bloomberg zufolge auf 2.800 Tonnen beliefen. Dies ist mehr als das gesamte Gold, was benötigt wird, um sämtliche weltweit verfügbaren ETFs mit dem gelben Edelmetall zu unterlegen.
Umfeld bleibt weiter positiv
Wie sich der Goldpreis künftig entwickeln wird, ist von zahlreichen Faktoren abhängig und daher auch nicht seriös vorherzusagen. Doch die Chancen, dass das Edelmetall aktuell lediglich eine Atempause einlegt und ein wenig Luft holt, erscheint recht wahrscheinlich – der Goldpreis seinen Aufwärtstrend nach der aktuellen Konsolidierung also weiter fortsetzen dürfte. Denn: Das Umfeld bleibt positiv. Erst vor wenigen Tagen meldete der World Gold Council, dass die weltweite Goldnachfrage einschließlich der Notenbanken zwischen Januar und März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Prozent auf 1.238 Tonnen gestiegen ist. Damit war es das stärkste erste Quartal seit 2016.