Die Situation an den Anleihemärkten hält den Goldpreis weiterhin in Atem: Zuletzt konnte das Edelmetall wieder deutlich zulegen. Unterstützung ging von den Renditen für zehnjährige US-Anleihen aus, die von ihrem 16-Jahreshoch zurückfielen. Noch wenige Tage zuvor zeigte sich genau das gegenteilige Bild: Der stärkere US-Dollar und steigende Renditen hatten das Edelmetall unter Druck gesetzt. Die Feinunze fiel auf ein Mehrmonatstief unter 1.900 Dollar. Wie geht es weiter? Die Saisonalität spricht jedenfalls für Gold.
Die Bilanzsaison von börsennotierten Unternehmen, die über ihre Quartalsergebnisse informiert haben, läuft allmählich aus und Investoren richten ihren Blick wieder stärker auf die nahenden geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank Fed und der EZB. Beide führenden Notenbanken haben in ihren jüngsten Statements die anhaltenden Inflationsrisiken betont. Die erklärten Inflationsziele der beiden führenden Notenbanken von 2 Prozent dürften daher so schnell nicht erreicht werden. Aktuell liegen sie bei etwas mehr als 3 Prozent in den USA und bei rund 6 Prozent in Europa. Dafür gibt es mehrere Gründe wie etwa die kostspielige Energiewende oder die seit der Corona-Krise zu beobachtende allmähliche Deglobalisierung.
Steigende Zinsen belastet den Goldpreis
Die jüngsten Wirtschaftsdaten deuten allerdings auf eine robustere Konjunkturentwicklung in den USA hin, was zu einer Aufwertung des US-Dollars in den vergangenen Wochen beigetragen hat. Der Greenback profitierte gleichzeitig von kräftig steigenden Zinsen in den USA. Die Rendite der 10jährigen US-Staatsanleihe ist mit mehr als 4,30 Prozent auf das höchste Niveau seit 2007 gestiegen. Auch die Wahrscheinlichkeit von weiteren US-Leitzinsanhebungen hat außerdem zugenommen, gilt aber nicht als ausgemacht.
Mittel- bis langfristig sollte eine hohe Inflation dem Goldpreis in die Karten spielen, gilt das gelbe Edelmetall als klassischer Inflationsschutz. Im aktuellen Umfeld steht aber die Zins- und Währungsentwicklung im Fokus. Die Aussichten für den Goldpreis dürften sich erst dann verbessern, wenn die Renditen in den USA und der Dollar wieder sinken. Letzterer entwickelt sich häufig entgegengesetzt zum Gold, weil die Feinunze in Dollar notiert und ein steigender Dollar das Edelmetall für Investoren tendenziell verteuert und die Nachfrage entsprechend sinkt.
Bei einem sinkenden Greenback verhält es sich umgekehrt: der Goldpreis wird preiswerter, was die Nachfrage erhöht. Da Gold außerdem keine Zinserträge abwirft, wird das Edelmetall für Investoren tendenziell interessant, wenn die Zinsen oder die Realzinsen (nach Inflation) niedrig sind oder sinken. Bei hohen Zinsen und Renditen wie derzeit existieren aber zahlreiche Investmentalternativen in Form von Anleihen, weil die Zinserträge attraktiv sind.
Saisonalität lässt hoffen
Im Ergebnis hat Gold im August bis zu 3 Prozent verloren und ist temporär unter die vielbeachtete runde Marke von 1.900 Dollar gefallen. Das ist für eine Monatsperformance nicht nur vergleichsweise niedrig, sondern entspricht auch nicht den langfristigen Erwartungen. Denn August und September zählen bei Gold mit zu den besten Monaten im Jahresverlauf. Unter dem Strich fällt die Durchschnittsrendite für beide Monate über 20 Jahre mit gut zwei Prozent sogar positiv aus. Anleger hoffen nun auf die nächsten Wochen, dass der Goldpreis seinen Performancerückstand aufholt. Gestern könnte hier für der Startpunkt gewesen sein.